Geschichte

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Die Historie von Ebbinghausen

Das Rittergut war ein Lehen des Grafen von Arnsberg. Es wird erwähnt in den ältesten Güterverzeichnissen des Grafen Ludwig von Arnsberg um 1281 und gehörte zu der “Großen Freigrafenschaft an der Lippe”. Besitzer des Gutes war um 1200 die Schwester eines Florinus von Hohenstein. In den Güterverzeichnissen des Grafen von Arnsberg wird als Inhaber des Gutes genannt: “Godecalus de Steyne”, als Gottschalk vom Steine. Nach dem Güterverzeichnis des Grafen Gottfried aus dem Jahre 1338 wird “Themo von Hörde” belehnt mit einem Hause in Ebbinghausen. Anfänglich trugen die Herren von Erwitte und nach ihnen die von Störmede das Gut zu Lehen. Als im Jahre 1244 Eberhard von Erwitte in ein Kloster eintrat, gab er dem Grafen von Arnsberg seine Arnsbergischen Lehensgüter zurück, unter anderem auch das Gut Ebbinghausen, welches Johannes Muska als Alterslehen hatte, und wovon er jährlich sechs Malter Korn abliefern mußte.

Später, um die Mitte des 16. Jahrhunderts, finden wir eine Nebenlinie der Familie von Erwitte in Ebbinghausen. Es ist dies der Zweig der Familie, der sich von dem alten Edelherrngeschlecht am längsten erhalten hat. Die Herren von Erwitte gehörten ehedem zu den angesehensten Familien des Landes und waren als Lehensmannen des Grafen von Arnsberg weithin begütert im Gebiete unseres Kreises. In alten Urkunden werden sie sehr häufig aufgeführt, anfänglich unter den Mitgliedern des höheren Adels. Ihr Stammsitz in Erwitte, am Markte gelegen, ist jetzt vollständig verschwunden, auch nicht eine Erinnerung daran ist mehr erhalten geblieben. Ihr Wappen stellt einen zum Streit aufgerichteten, nach rechts gewendeten gekrönten Löwen dar. Der erste, der urkundlich aus der Familie genannt wird, ist Eberhard von Erwitte, der 1178 ein höheres Amt in Soest bekleidete. Die Hauptlinie der Familie von Erwitte lässt sich verfolgen bis um die Mitte des 16.Jahrhunderts. Einer der letzten war Helmich von Erwitte, der am 1. September 1500 den Wördehof in Norddorf an das Kloster Benninghausen verkaufte. Das ruhmreiche Geschlecht hat sein Sohn Anton durch seine Magd, die er später ehelichte, kläglich zu Grabe getragen. Seine Kinder blieben ohne männliche Nachkommen.

Von dieser Hauptlinie von Erwitte hatten sich schon frühzeitig zwei Nebenlinien abgezweigt, die dem gekrönten Löwen in ihrem Wappen mehr Ehre machten. Die eine wohnte in Welschenbeck bei Belecke, die andere in Ebbinghausen im Kirchspiel Horn. Die von Erwitte zu Welschenbeck starben am Ende des 16. Jahrhunderts aus. Die Erbtochter Doruthea von Erwitte zu Welschenbeck brachte durch ihre Heirat mit Jobst von Landsberg die Güter an die von Landsberg zu Erwitte.

Der Zweig der Familie von Ebbinghausen grünte am längsten. Aus der Ehe des Adam von Erwitte zu Ebbinghausen mit Elisabeth von Galen stammten die beiden Söhne Adam Arnold und Dietrich Othmar. Adam Arnold war kurbayrischer Oberleutnant und fiel 1622 vor Mannheim. Er wurde zu Soest bei den Franziskanern begraben.

Dietrich Othmar war ein im 30-jährigen Kriege viel genannter kaiserlicher Oberst und ist 1622 der tapfere und berühmte Verteidiger der Stadt Geseke gegen den “Tollen Christian”. Er fiel am 17. September 1631 in der Schlacht bei Leipzig. Dietmar Othmar hatte zwei Söhne: Dietrich und Ferdinand, die aber ohne männliche Nachkommen blieben.
Ferdinand wurde Abt im Kloster Werden, Dietrich hatte noch eine Schwester Ursula, die Erbin der Ebbinghauser Güter wurde.

Durch Kauf (1655) kam der Rittersitz zugleich mit dem dazugehörigen Freistuhlgericht an die schwedische Familie von Anteflucht und von dieser durch Heirat an Jobst Christoph von Spießen. Dieser starb als Oberstleutnant und wurde in der Horner Pfarrkirche begraben.
Sein Sohn Johann Wilhelm von Spießen verkaufte am 19. März 1729 wegen großer Verschuldung seinen väterlichen, adeligen und landtagsfähigen Rittersitz Ebbinghausen mit allem Zubehör: 190 Morgen Land, den Kirchenständen, dem Rechte des Kompatronats über die Vikarie zu Horn und sonstigen Berechtigungen, sowie dem “Freien Stuhlgerichte in den Dörfern Ebbinghausen, Berenbrock, Völlinghausen, Stirpe, Eikeloh, Ost-Norddorf” für 13700 Taler dem Hermann Werner Josef von Schorlemer zu Overhagen, Dieser war vermählt mit Antoinette Christine Freiin von Brabek.
Seine Schwester Maria Theresia heiratete den Grafen von Nesselrode-Ereshoven.

Nach dem Tode des Hermann Werner Josef von Schorlemer in Jahre 1766 gab es Prozess mit den Allodialereben von Nesselrode. Infolge einer Vereinigung mit denen von Schorlemer zu Niederhellinghausen vom 24. August 1792 fielen Lehen und Allodialzubehör des Gutes Overhagen an die von Schorlemer-Hellinghausen bei Herringhausen. Ebbinghausen kam an den Grafen von Nesselrode. Von diesem kaufte es der Lippstädter Bürger Plange, dessen Witwe es später weiterverkaufte an den Justizkommissar Eulenburg in Lippstadt. Dieser ließ die Gebäude abbrechen, die Gräften wurden zu Wiesen gemacht, die Grundstücke parzelliert und verkauft.

Heute finden wir auf der Stelle, wo die Burg gestanden hat, Backsteinreste, sehen noch die Vertiefung woher der Weg ging. Auch unsere Kapelle mit ihrem barocken Altar hat wahrscheinlich auf der Burg gestanden.
Andere Grundherren in Ebbinghausen:
1. Kloster Benninghausen kaufte dort im Jahre 1303 einen Hof “von Awe Gebrodern, genannt Bertradus und Bodo von Hoyndorp”. Es war dies der spätere Daukshof, ein Vollspannhof.
2. Kloster Grafschaft besaß den Gobbeln-Hof (Göbel), ebenfalls ein Vollspannhof.
3. Das Pastorat zu Horn war Eigentümer des Vollspannhofes Deimel.
4. Die Herren Schorlemer zu Overhagen besaßen den Hof Heinrich Schulte und die Kottstätten Stute und Köhne.
5. Von Kleinsorgen zu Erwitte waren Eigentümer des Padbergischen Hofes.
Alle übrigen Stätten: Der Vollspannhof Deitert und 16 Kottstätten gehörten zum Hause Ebbinghausen.
Auf der Woldemei, dem Gemeindegute, saß Johann Jaeker.
Insgesamt werden um 1669 in Ebbinghausen außer dem adeligen Gute 7 Höfe und 21 Kottstätten genannt.

Mit dem Gute Ebbinghausen war, wie schon genannt, ein Freistuhlgericht (Fehmgericht) verbunden. Befugnisse des Freigrafengerichts: Geringe wörtliche Schmähungen, Schlägereien ohne Blutrunst, Zähmungen … Stoß, Abpflügen, Abzäunen, Diebereien, Feldschäden.
Appellation: Oberfreigraf, Kurfürst.

Im Jahre 1708 war Henning Evers zu Erwitte Freigraf zu Erwitte. Er beschwerte sich beim Oberfreigraf zu Arnsberg über Eingriffe des Richters in Erwitte. Nach dessen Tode ernannte im Jahre 1721 Christoph von Spießen den Philipp Anton von Berswordt zum Freigrafen. Dieser wurde 1722 dem Oberfreigrafen von Arnsberg, Johann Horkamp verpflichtet. Das Protokoll darüber liegt vor: …. freien Eid zugelassen zu Gott und seinen Heiligen nach Anweisung kaiserl. karl. Verordnung mit Auflegung seiner zwei vorderen Finger der rechten Hand a uf den bloßen Degen mit zur Erde gebeugtem Knie ausgeschworen die heimliche Feme”. Ihm folgt im Jahre 1738 der Rentmeister Joachim Anton Scheidemann. Dieser hatte noch zwei Nachfolger im Amte: Dr. W. Mues in Anröchte und seit 1785 Richter Anton Gottfried Jesse zu Erwitte und Westernkotten. Mit ihm erlosch das Freigrafenamt und damit das Freigericht der hl. Feme in Ebbinghausen.

Seit 1806 gehörte Ebbinghausen zum Amte Horn, das im gleichen Jahre entstanden war. Nach Einführung der Landgemeindeordnung von 1856 kam das Kirchspiel Horn zum Amte Anröchte. Am 1. April 1938 wurde der nördlich des Hellweg gelegene Teil des Kirchspiels Horn dem Amte Erwitte angeschlossen.

Im April 1945 erlebte Ebbinghausen, das bis dahin z. B. von den Schrecken des Bombenkrieges verschont geblieben war, die letzten, sinnlosen Kämpfe auf eindrucksvolle Weise.
Die Ereignisse jener Tage werden nach Notizen des damaligen Lehrers Fromme folgendermaßen geschildert:
2. April: Deutsche Artillerie fährt im Dorfe auf. Sie feuert am Abend und in der Nacht in Richtung Erwitte und Lippstadt.
Die Artillerie rückt am Morgen des 3. Aprils wieder ab. In der Nacht vom 3. zum 4. April wird das Dorf von feindlicher Artillerie beschossen. Glücklicherweise entsteht kein größerer Schaden.
Am 4. April rückten deutsche Truppen ein (S.S. – Panzereinheit und Volkssturm aus dem Ruhrgebiet). Sie stoßen bis in den Ortsteil von Norddorf vor. Die Amerikaner greifen mit Panzerunterstützung aus Richtung Weckinghausen an. Drei deutsche Panzer werden abgeschossen (und liegen später noch wochenlang an der Kreisstraße). Ebbinghausen liegt unter schwerem Granatfeuer. Wohnhäuser und eine Scheune brennen ab. Mehrere Häuser werden zum Teil schwer beschädigt, doch da das Dorf langgestreckt liegt, bleibt der Schaden gering. Die Übermacht der Amerikaner drängt die Deutschen zurück. Ebbinghausen wird im Sturm genommem. Ein Volkssturmmann fällt am Dorfrand, viele andere werden gefangengenommen. Obwohl die einrückenden Amerikaner in die Häuser schießen und die Bewohner in der Dorfmitte zusammentreiben, werden keine Zivilisten verwundet.
6. April: Die amerikanischen Panzer- und Infanterie-Einheiten rücken weiter nach Westen vor.

In den Wochen nach dem Zusammenbruch machten durchziehende ehemalige Fremdarbeiter (Polen und Russen) durch Requirierung und Plünderung, auch Diebstahl, den Einwohnern zu schaffen.

Der berühmteste Sohn der Freiherren von Erwitte wurde am Weihnachtstag des Jahres 1628 auf dem kleinen Schloß zu Ebbinghausen geboren.
Er war der letzte Sproß seiner Familie und seine Eltern, der General Dietrich Othmar von Erwitte und Gertrud von Eller zu Oefte hatten wohl alle Hoffnungen auf ihn gesetzt, die Familiengeschichte fortzuschreiben.

Ferdinand aber trat, 35jährig, am 29. Juni 1653 in das Benediktinerkloster Werden bei Essen ein und begann eine andere, vielversprechende Karriere. Ein Jahr später legte er seine Profeß ab und wurde 1657 zum Priester geweiht.

Die erste Stufe seiner Karriereleiter erklomm er schon 1660, als er als Prior in die Benediktinerabtei Sankt Michael in Siegburg berufen wurde. Ein Jahr später ging er als Probst nach Helmstedt, wo er etwa fünf Jahre arbeitete.
1667 wird Ferdinand Prior in Corvey, ein Jahr später avanciert er jedoch schon zum Koadjutor des Abtes von Ammersleben. Dieser stirbt bald danach und Ferdinand wird zu dessen Nachfolger gewählt.
1669, 15 Jahre nach seiner Entscheidung für das religiöse Leben, wird Ferdinand von Erwitte in Hildesheim zum Abt geweiht. Der Konvent von Werden wählt ihn ein Jahr später, 1670, zu dessen Abt.

Kaiser Leopold I. belehnte den neuen Abt 1671 mit den Regalien, fünf Jahre später wird Ferdinand auf dem Generalkapitel in Werden zur Bursfelder Äbtegemeinschaft zugelassen. Er war der erste adelige Abt nach der Bursfelder Reform.

Als großer Marienverehrer gründete Ferdinand in Werden die Rosen­kranzbruderschaft. Außerdem gilt er als Gründer des Wallfahrtsortes Neviges.

Im Sommer 1681 erkrankte der Fürstbischof von Paderborn und Münster, Ferdinand von Fürstenberg, so schwer, daß mit seinem Tode gerechnet wurde. Abt Ferdinand reiste mit einem Marienbild zu dem kranken Fürstbischof, um ihm von der Offenbarung des Bildes zu erzählen. Der Fürstbischof gelobte eine Wallfahrt nach Hardenberg und den Bau eines Klosters, falls er genesen sollte. Unerwartet schnell wurde er gesund und kam am 25.Oktober 1681 zum Hardenberg nach Neviges zur Dankwallfahrt. Auch ließ der Fürstbischof ein Kloster errichten und schon im ersten Jahr kamen 5000 Wallfahrer aus Düsseldorf, um das Marienbild zu verehren, das Abt Ferdinand dem Fürstbischof zugetragen hatte.
Die Werdener Abteichronik schreibt, daß er die Glocken beider Türme der Werdener Abteikirche umschmelzen ließ und die Klosterbibliothek mit vielen neuen Werken bereicherte. Weiter heißt es, daß unter dem Abt Ferdinand von Erwitte der Fürstbischof Ferdinand von Fürstenberg zum Grabe des Heiligen Ludgerus in Werden pilgerte. Dieser schenkte dem Abt und der Kirche ein silbernes, über 90 Pfund schweres Abbild des Heiligen Ludgerus in Amtstracht.

Ferdinand galt als ein sehr strenger und ernster Mann, der bei seinen Konventualen nicht sehr beliebt gewesen sein mag.

Am 14. November 1705 legt er die Prälatenwürde nieder. Wegen seines hohen Alters sagen die einen, die anderen glauben, daß er auf Druck seiner Konventualen “freiwillig” resignierte.

Ein halbes Jahr später schon, am 17.April 1706, stirbt der letzte Sproß der Freiherren von Erwitte nur etwa 120 Kilometer von seinem Geburtsort Ebbinghausen entfernt in der Benediktinerabtei Werden.
Auf seinen Wunsch hin wurde er im Muttergotteschor beigesetzt, wo sich sein Grabstein noch heute befindet. Besucher des Grabes können auf der Gedenktafel von 1706 noch heute ein lebensgroßes Abbild Ferdinands von Erwitte bewundern.

Ferdinand von Erwitte

Die gute alte Zeit - so war es damals

(Erinnerungen von Hedwig Wilmes, geb. Büker)

Ich bin 1922 geboren, in einem kleinen Dorf auf einem Bauernhof mit Pferden, Kühen, Kälbern, Schweinen und Hühnern. Ich kann mich also recht gut an die Hausschlachtungen im Winter erinnern. Als Kind fand ich am Schlimmsten das “Quieken” des Schweins beim Schlachten. Ich bin dann ins Schlafzimmer gelaufen und habe den Kopf unters Kissen gesteckt, um nichts zu hören.

Dem Schwein wurde zuerst ein starker Strick am Hinterbein festgebunden und so wurde es nach draußen getrieben. Es ließ sich auch meistens ganz brav führen. Vor der Miste war eine große Fläche aus Steinen; dort sollte der Akt passieren. Die Leiter stand schon an der Wand, das Wasser kochte im großen Kessel In der Waschküche. Mit dem Strick band man das Schwein möglichst kurz an einem Haken in der Wand fest. Anfangs hat mein Vater die Schweine selbst geschlachtet. Mit der stumpfen Seite einer Axt wurde das Schwein mitten vor die Stirn geschlagen, es fiel betäubt um und dann stieß er ihm das Messer direkt ins Herz. Das Blut schoss heraus und Mutter musste es in einer Schüssel auffangen, in einen Eimer gießen und ständig rühren, damit es nicht klumpig wurde. Ein Mann setzte sich auch noch auf das zappelnde Schwein, bis es ausgeblutet war. Jahre später ,wurde das Schwein mit einem Schussapparat betäubt und dann abgestochen. Ich erinnere mich, dass einmal eine große Sau an der Reihe war. Der Schuss war wohl nicht richtig gesetzt und das Schwein wurde wild. Mit einem Satz sprang ich hoch und saß mitten auf dem Tisch in der Waschküche, aus lauter Angst. So gab es immer wieder was zu lachen.

Dann begann das Abkratzen der Borsten.
Heißes Wasser wurde langsam über das Schwein gegossen und einer kratzte mit einem “Krätze” die Borsten ab, bis das sogenannte “dreckige Schwein” total sauber und rosig war. Letzte kleine Reste wurden noch nachgeschröggelt. Mit Wasser wurde nicht gespart. Auch wurden am Tage vorher schon alle Geräte peinlich sauber gewaschen und abgeschrubbt.

Dann gab es erst mal einen ordentlichen Schnaps. Der war auch nötig, erstens wegen der Arbeit und zweitens wegen der Kälte draußen. Nun legte man die Leiter auf Erde, das Schwein mit dem Rücken darauf und die Hinterbeine wurden an dem “Krummholz” festgebunden, das oben an der Leiter befestigt war. Es waren schon zwei starke Männer nötig, um so die Leiter aufrecht an die Wand zu stellen.

Mit einem Messer wurde nun der Bauch aufgeschlitzt, vorn Schwanz bis zum Kopf Den Kopf spaltete man mit einer Axt in zwei Hälften. Anschließend nahm man die Därme und Innereien zusammen raus und alles kam in die “Molle”, ein längliches Holzfass. Das ganze dampfte richtig vor Wärme und es roch nicht besonders gut. Die Därme wurden dann vorsichtig auseinandergenommen, das Fett abgesucht, das man mit dem Schmalz, den Flomen, ausließ. Nach dem Erkalten der Flomen löste man noch die Haut davon ab und nähte daraus Därme für die Mettwurst. Das konnte relativ schnell gemacht werden. Man goss das ausgelassene Schmalz durch ein Sieb in Steintöpfe. Die zurückgebliebenen “Schriemen”, sehr fett, aß man gerne mit Zwiebeln auf Brot. Sie mussten aber sehr heiß sein.

Das Schwein hing nun draußen, um total auszukühlen. Oft hing man ein weißes Laken darüber, um die Katzen abzuwehren. Auch musste man aufpassen, dass kein Nachbar herausschlich, um die “Mörbrötkes” zu klauen. Das sind zwei kleine Filets, die besonders lecker sind. Das war ein Streich, den man dem Nachbarn spielte und der Geprellte versuchte bei Gelegenheit, das Gleiche zu tun.

Bald übernahm ein sogenannter Schlachter die Arbeit. Meistens waren es Maurer. Die hatten ja nur immer Sommer Arbeit und so verlegten sie sich Wintertags aufs Schlachten.

Nun musste der Trichinenbeschauer kommen. Früher war das ein Mann aus dem Kirchspiel, der diese Arbeit machte. Er schnitt an einigen Stellen kleine Stücke vom Schwein ab und untersuchte sie unter dem Mikroskop. Wenn alles in Ordnung war, und ich habe es nicht anders erlebt, wurde das Schwein gestempelt. Der Beschauer war immer einem Gläschen Schnaps nicht abgeneigt. Das kam uns sehr zugute, als man während des Krieges und auch noch nachher “schwarz” schlachtete. Saß der Mann dann in der Küche und trank seinen Schnaps die Tasche mit dem Stempel lies er wohl extra am Fahrrad hängen- stempelte man selbst ganz schnell das “schwarzgeschlachtete” Schwein. Mein Vater sagte immer: “Man kann viel, aber den Bauern ans Hungern bringen, das schafft keiner.”

Abends kam der Schlachter dann wieder und schnitt das ausgekühlte Schwein so auseinander, wie man es haben wollte. Früher wurden die Schweine lange gemästet, 8 10 Monate lang. Sie wogen dann zwischen drei und vier Zentnern. Das Fleisch war entsprechend reif und der Speck besonders dick. Die Schinken blieben heil und wurden eingesalzen, je nach Größe war auch die Dauer. Auch der Speck wurde so haltbar gemacht. Anschließend kamen die Schinken In einen luftigen Bezug und wurden zum Trocknen auf die Fleischbühne gehängt. Wenn Ende April zum ersten Mal der Kuckuck rief, war er gut zum Anschneiden. Einige räucherten auch die Dauerwaren, fast jede Familie besaß einen Räucherschrank.

Vom guten Fleisch wurden die Mettwürste gemacht. Alles wurde durch den Fleischwolf gedreht, früher per Hand und dann elektrisch. In einem großen Fass kamen die Zutaten hinzu: Salz, Pfeffer und für die Bratwurst auch Zwiebeln. Nun musste alles durchgeknetet werden, eine halbe Stunde lang, damit sich alles gut miteinander verband. Wir hatten damals schon eine Wurstpresse, in die etwa 10 Pfund Mett gestopft werden konnten. Einer hielt die Därme vor, kleine für die Bratwurst, große Seidendärme für die Dauerwurst. Als Kinder konnten wir es kaum erwarten, eine kleine “Pummelwurst” zu kriegen, auch wenn wir auf das Essen derselben noch keinen großen Wert legten. Die fertigen Würste hing man an Stangen auf oder an einen sogenannten “Galgen”. Teilweise kamen sie auch in den Räucherschrank.

Andere Stücke für Braten, Gulasch, die Rippen und Knochen legte man zurück zum Einkochen oder einpökeln. Später kam alles in die Gefriertruhe, eine große Erleichterung. Der Kopf, Lunge, Nieren, Herz und das Bauchfleisch kamen in einen großen Topf in der Waschküche. Am anderen Morgen wurde alles mit Satz, Lorbeerblatt, Nelken und Zwiebeln gargekocht. Dann nahm man das Fleisch aus der Brühe und sortierte es für die Leber und Blutwurst. Wir nahmen die Schwarten hauptsächlich für die Blutwurst, alles wurde dann durch ein feines Sieb gedreht, kam in ein großes Fass, man gab Brühe dazu und für die Leberwurst die vorher abgebrühte Leber. Für die Blutwurst kam das angewärmte Blut hinzu und zu Würfeln geschnittener Speck, die “Kinkel”, Alles wurde mit den Gewürzen vermengt und abgeschmeckt. Auch Mehl wurde vorsichtig untergehoben und die Masse füllte man in Därme. Früher nahm man Papierdärme, die man selbst zuschneiden und binden musste. Später gab es Sterildärme. Eine feine Sache.

Zu dem Rest der Blutwurstmasse gab man noch Blut und Brühe, etwas Zucker, Rosinen und soviel Mehl, dass alles zusammenhielt und man es wie einen Laib Brot formen konnte. Man ließ dieses “Möpkenbrot” zum Garen unter die Würste gleiten, Viele aßen gerne dicke Scheiben davon mit Rübenkraut darauf. Alle Würste wurden dann In gut siedendem Wasser gegart, ca. 2 Stunden. Nach einigen Tagen konnte man sie auch räuchern, je nach Geschmack. Von der Wurstbrühe kochte man mit Gerstengrütze leckere “Kröse”. Die schmeckte hervorragend zu Bratkartoffeln.

Fleisch und Wurst, wie von einer Hausschlachtung, kann man einfach nicht kaufen. Im Krieg und noch bis zur Währungsreform riss man sich um diese Köstlichkeiten, auch wenn man sie mit Mehl verlängerte. Und es hieß nie: “Das ist zu fett!” Im Gegenteil, man war scharf auf Schmalz und Speck. Heute will man nur noch magere Erzeugnisse, und dementsprechend werden die Schweine anders gefüttert und kommen schneller zum Verkauf. Dann wundern sich viele, wenn der große Braten im Topf bis zur Hälfte zusammenschrumpft. Das Fleisch ist einfach noch nicht “reif’. Hausschlachtungen gibt es nicht mehr, aber wursten tun doch noch einige zu Hause. Und das ist was Feines. Für’s ganze Jahr hat man Vorrat und man weiß, was man hat.

Ich kann mich noch gut an die Kartoffelernte in den dreißiger Jahren erinnern: Für uns Kinder, ich bin 1922 geboren, war es schon der reinste Horror, wenn diese Zeit da war. Bekanntlich können sich, Kinder schlecht bücken. Das war früher so und, ist heute nicht anders. Zuerst mussten die Kartoffeln mal gepflanzt werden. Das geschah, wenn der Boden frostfrei war, etwa Ende März bis Anfang April. Ganz früher, vor meiner Zeit wurden die Kartoffeln noch mit dem Spaten gepflanzt. Der erste Spatenaushub wurde auf dem Acker verteilt. Dann wurden die Pflanzkartoffeln mit den Keimen nach oben sorgfältig in jedes Loch gesetzt. Mit dem Bodenaushub der nächsten Reihe wurde die vorhergehende zugeworfen.

Später zog man mit dem “Einscharpflug”, von einem Pferd gezogen, tiefe Furchen in den gedüngten Boden. In Abständen von ca. 40 bis 50 cm legte man die gut vorgekeimten Kartoffeln in die Furche. Mit der nächsten Reihe wurde die vorhergehende zugeworfen. So ging das weiter bis zum Schluss.

Wenn das erste Laub zu sehen war, fing die Prozedur von vorne an und Reihe für Reihe wurde angepflügt. Die Kartoffeln müssen zum Wachsen gut mit Erde bedeckt sein, am Licht werden sie grün und giftig Wenn sie dann blühen, bedeckt das Laub den ganzen Boden.

Wenn Unkraut auflief, wurde gehackt, alles mit der Hacke in Handarbeit. Auf jedem Bauernhof gab es damals Hände genug, alte und junge Leute aus der eigenen Familie und auch fremde Kräfte. Alle hatten ihre Arbeit.

Anfang Oktober begann die Ernte. Jede einzelne Reihe wurde mit dem Pflug wieder ausgepflügt und die Kartoffeln mussten aufgesucht und in Körben gesammelt werden. Ein Ackerwagen mit hohen Seitenwänden stand am Rand des Feldes, auf diesen wurden sie dann geschüttet.

Viele Kartoffeln blieben natürlich mit Erde bedeckt liegen, so dass zum Schluss das ganze Feld geeggt wurde. Wieder begann die Bückerei und das Aufsuchen. Die Kartoffelstrünke kamen auf einen Haufen und die “Eggekartoffeln” mit auf den Wagen.

Nach wenigen Tagen wurde der Acker für die Wintersaat gepflügt. Dabei ging jemand mit dem Korb Furche für Furche nach und sammelte den Rest der Kartoffeln auf. Wieder einige Jahre später wurde die Ernte durch Kartoffelroder erleichtert. Dieser Roder warf die Kartoffeln bis ca. einen Meter breit aufs Feld. Die Länge des Ackers wurde in Etappen von gleicher Länge eingeteilt. Meistens waren immer zwei Leser zusammen.

Man musste sich sehr beeilen, um fertig zu sein, wenn der Roder bereits die nächste Reihe auswarf. Der einzige Lichtblick für uns war, dass so viele Kinder aus dem Dorf halfen. Diese bekamen Geld dafür, während wir nur davon träumen konnten. Beim “Eggekartoffeln Suchen” war es oft schon dämmrig und wir haben manche Kartoffel in den Boden getreten, damit sie verschwand. Beim nächsten Regen aber lagen sie blank und leuchtend am Tageslicht und auch diese blieben nicht liegen. Von den Strünken haben wir oft ein Feuer gemacht und Kartoffeln in der heißen Glut gebraten. Sie schmeckten besonders gut.

Am schönsten war am Nachmittag das Kaffeetrinken im Feld. Es gab Platenkuchen, selbstgebacken, für viele Kinder eine Delikatesse. Abends hatte unsere Mutter meistens Milchsuppe gekocht, danach gab es “Durchgemüse” mit Mehlpfannkuchen. Dieses gute und gemeinsame Essen versöhnte uns etwas und ließ uns unsere krummen Rücken vergessen. Als Belohnung für unsere Hilfe fuhren die Eltern mit uns zur Herbstwoche nach Lippstadt. Das war für uns ein besonderes Erlebnis.

Die Arbeit mit den Kartoffeln war aber noch lange nicht zu Ende. Auf große Haufen geschüttet, lagen sie in der Scheune zum Trocknen. Anschließend wurden sie “handverlesen”. Man lag auf den Knien davor und sortierte nach Größe und Güte. Die nötige Menge kellerte man selbst ein, in Strohlager, die übrigen schüttete man in Säcke, wog sie ab und verkaufte sie. Zumeist lieferte man sie an Privatkunden und brachte sie direkt In die Keller. Die kleinen und beschädigten Kartoffeln wurden für die Schweine gekocht.

Anfang des zweiten Weltkrieges, gegen 1940, war plötzlich der Kartoffelkäfer da. Da man sich keine Einbußen leisten konnte, wurden ganze Schulklassen eingesetzt um diese gefräßigen Schädlinge einzusammeln. Mit der Zeit kam noch die Krautfäule hinzu, so dass man mit Schädlingsbekämpfungsmitteln spritzen musste, was auch noch heute der Fall ist.

In den sechziger Jahren wurden zur Rodung inzwischen entwickelte Vollerntemaschinen eingesetzt. Die Kartoffeln laufen über Rüttelsiebe je nach Größe in darunter gehängte Säcke. Handarbeit ist kaum noch gefragt, darum findet man heute’ manche beschädigte Kartoffel und manchen Stein dazwischen. Die Sorten haben sich inzwischen auch geändert. Früher hatte jeder Bauer Kartoffeln für den Eigenbedarf und auch zum Verkauf. Heute gibt es einige spezielle “Kartoffel Bauern” und wir holen uns bei ihnen die Einkellerungskartoffeln. Auch das tun viele nicht mehr, weil die Keller durch die Heizungen zu warm geworden sind. Sie holen sich je nach Bedarf die “Erdäpfel” vom Händler. Heute brauchen die Kinder keine Kartoffeln mehr aufzusuchen. Diese “Arbeit” würde wahrscheinlich als “Kinderarbeit” gebrandmarkt. Uns hat das “Kartoffelaufsuchen” auf jeden Fall nicht geschadet und unsere Rücken sind gerade geblieben.

Im ehemaligen Kreis Lippstadt wurden, wohl schon vor dem ersten Weltkrieg, Rüben für Futterzwecke angebaut, die Runkeln. Anfangs wurden sie in Reihen im Garten ausgesät, dann, wenn sie groß genug waren, aufgezogen und in Drahtkörbe gelegt. Man fuhr damit ins Feld. Ein Erwachsener steckte einen Spaten in die Erde, bog ihn zu sich rüber sodass ein Spalt entstand und wir Kinder steckten jeweils eine Rübenpflanze hinein, im Abstand von jeweils 40cm. Der Spaten wurde rausgezogen und die Pflanze mit dem Fuß angetreten. Es war eine mühsame Arbeit.

Mitte der 20er Jahre wurden die Runkeln schon mit Sämaschinen in Reihen ins Feld gesät. Sie standen dann so dicht, dass man sie in bestimmte Abstände verhacken musste. Die einzelnen Büsche, die stehen blieben, mussten verzogen werden, sodass nur immer eine Pflanze blieb. Diese Arbeit machten meistens Frauen und Kinder. Das ging nur indem man auf den Knien vorwärts rutschte. Man band Säcke und Lappen um die Knie, aber sie taten trotzdem höllisch weh. Für einen Nachmittag gab es damals 1 Reichsmark.

Es gab eine Hackmaschine, die von einem Pferd durch jede einzelne Reihe gezogen wurde. Quer wurde mit der Hand gehackt. Die Runkeln wachsen hauptsächlich über der Erde, sodass man sie im Herbst gut aufziehen konnte. Man fasste 2 Rüben gleichzeitig, zog sie hoch und legte sie nebeneinander in eine Reihe. Die nächste Reihe legte man gegenüber. Mit einem besonderen Spaten wurde das Laub entfernt. Die Rüben wurden per Hand auf Wagen geworfen und für den Winter in lange Mieten gelagert. Diese wurden dick mit Stroh zugedeckt und rundum mit Erde beworfen. So waren die Rüben vor Frost gut geschützt.

Es kam bald die Pillensaat, aber auch die Rübenfliege. Heute säen einzelne Bauern, die noch Kühe haben, Runkeln, die anderen nicht mehr. Und die Trecker sind nicht mehr wegzudenken.

Im Jahre 1883 wurde in Soest die Zuckerfabrik gebaut. Um Soest herum bis Hamm wurden damals schon viele Zuckerrüben angebaut, im Kreis Lippstadt weniger. Mit den Jahren nahm auch hier der Anbau immer mehr zu. Zur Rübenernte kamen viele Frauen aus Polen “die Rübenmädchen”.

Zuckerrüben wachsen fast ganz in der Erde. Es gab einen speziellen Rübenheber, mit dem man Rübe für Rübe aus der Erde holte.

Später wurde erst das Laub mit einer Schaufel abgestochen das auch verfüttert wurde, und die Rüben mit einem Pflug Reihe für Reihe ausgepflügt. Auch diese Rüben wurden alle per Hand aufgeladen, und mit Pferd und Wagen nach Soest gebracht.

Man hat die Rübenfelder in Parzellen aufgeteilt, an Interessenten vergeben, die dann in Akkordarbeit für alles sorgten: Verhacken, verziehen und sauber halten. Nach einigen Jahren bekam man dafür keine Leute mehr. Heute ist der Lohnunternehmer da. Er sät, spritzt, macht sie raus und lädt sie auf große Lastwagen. Eine Fahrgemeinschaft der Bauern bringt sie heute nach Warburg, da Anfang der 90er Jahre die Zuckerfabrik in Soest geschlossen wurde.

Die komplette Geschichte gibt es auch als PDF im Download Bereich.